Superfood Chili

Scharfe Tipps für Rheumabetroffene.

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Sieben von zehn Arthrose-Patienten greifen zu Nahrungsergänzungsmitteln.1 Neben Chondroitin und Glukosamin sind das vorwiegend pflanzliche Arzneien, gewonnen aus der Teufelskralle, der Grünlippmuschel oder Chili. Ein komplementärmedizinischer Ratschlag lautet, diese drei bei rheumatischen Gelenkbeschwerden zu kombinieren:

  • Teufelskralle gegen die Entzündung
  • Grünlippmuschel für den Gelenkknorpel
  • Chili gegen die Schmerzen

Capsaicin

Verantwortlich für die schmerzlindernde Wirkung von Chili (Capsicum annuum) ist dessen Inhaltsstoff Capsaicin. Capsaicin wirkt in Cremes oder Pflastern äusserlich auf ein betroffenes Gelenk. Capsaicin mag anfangs schmerzen, brennen und jucken. Aber nach mehrmaliger Anwendung wirkt es antinozizeptiv. Auf deutsch: Capsaicin senkt die Empfindlichkeit gegenüber Schmerzreizen.2

Einschub: Das antinozizeptive System im Rückenmark und in Teilen des Gehirns unterdrückt die Schmerzwahrnehmung. Es bestimmt rund um die Uhr den Pegel der augenblicklichen Schmerzempfindlichkeit.3 Capsaicin ist eine von verschiedenen Möglichkeiten, das antinozizeptive System zu aktivieren.

Capsaicin ist allerdings keine Wunderwaffe gegen Arthrose. Seine schmerzlindernde Wirkung reicht kaum an die von cortisonfreien Entzündungshemmern (NSAR) heran, die mit der Spritze direkt ins Arthrose-Gelenk gelangen.4 Aber der scharfe Chili-Wirkstoff punktet mit vielen weiteren gesundheitlichen Effekten. Zu ihnen gibt es eine rege Forschung. Auf Pubmed (einer Datenbank medizinischer Studien) lassen sich mit dem Suchbegriff «Capsaicin» Tausende einschlägiger Arbeiten aufrufen. Auf drei spannende Chili-Wirkungen sei kurz eingegangen.

Chili zu Abnehmen

Capsaicin beschleunigt die Fettverbrennung. Grund dafür ist die gesteigerte Wärmeproduktion (Thermogenese) und der damit verbundene zusätzliche Kalorienverbrauch. Capsaicin vermag die Thermogenese um bis zu 25% zu erhöhen.5 Zudem soll Capsaicin das Hungergefühl dämpfen, speziell die Lust auf Fettes, Salziges und Süsses.6 So unterstützen regelmässige Mahlzeiten mit scharfem Chili die Gewichtsabnahme, was besonders bei Kniearthrosen eine Erleichterung bringen kann.

Chili fürs Herz

Der Genuss von Chili wirkt sich günstig auf das Herz und die Blutgefässe aus. Capsaicin vermag im Tierversuch das schlechte Cholesterin zu senken, ohne das gute Cholesterin zu beeinträchtigen.7 Zudem liegen seit kurzem die Ergebnisse einer grossen italienischen Studie zum Zusammenhang von Chilikonsum und Sterblichkeit vor. Die über viele Jahre bei mehr als 22’000 Männern und Frauen erhobenen Daten belegen, dass der regelmässige Genuss von Chili davor schützen kann, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Unter regelmässigem Chilikonsum versteht die italienische Studie viermal pro Woche.8

Chili für den Magen

Chili entfaltet eine magenschützende Wirkung. Capsaicin reguliert den Säurefluss im Magen. Zudem wirkt es anregend auf die Schleimsekretion und schützt auf diese Weise die Magenschleimhaut vor irritierenden Stoffen.9

Warum sollte dies besonders Rheumabetroffene interessieren? Weil gängige Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen oder Naxopren als Nebenwirkung Magen- und Darmgeschwüre verursachen können und deshalb vorsorglich häufig mit einem medikamentösen «Magenschutz» kombiniert werden. Dies vor allem beim Vorliegen von Risikofaktoren wie einem Alter von über 65 Jahren, einer bakteriellen Mageninfektion oder der gleichzeitigen Einnahme von Aspirin oder Cortison. Die medikamentöse Schutzwirkung erfolgt fast immer durch Säureblocker, die auch gegen Magenbrennen genommen werden. Säureblocker sind Protonenpumpenhemmer (PPI). Sie hemmen die Produktion von Magensäure, was automatisch den pH-Wert im Magen erhöht: Er wird weniger sauer.

Ganzheitlich gesehen, hat dies viele nachteilige Folgen wie eine gestörte Eiweissverdauung, eine verminderte Aufnahme von Mineralstoffen (Calcium, Magnesium) und Spurenelementen (Eisen, Zink), ein höheres Risiko für bakterielle Darminfektionen usw.10 Sogar PharmaWiki (ein wissenschaftliches Schweizer Medikamentenlexikon) setzt den medikamentösen «Magenschutz» in Anführungszeichen.11 Im Lichte dessen ist es gut zu wissen, dass es natürliche Massnahmen und Mittel gibt, den Magen zu schützen.12 Zu ihnen zählt auch der Chili-Wirkstoff Capsaicin. Statt die Säureproduktion zu unterdrücken, sorgt das magenschützende Capsaicin für eine bessere Durchblutung der Schleimhäute des Verdauungstraktes und stimuliert die Verdauungsvorgänge.

Wie Chili einnehmen?

Am einfachsten mit warmem Essen, das Sie mit Chili (Cayennepfeffer) würzen oder dem Sie fein geschnittene frische Chilischoten (Pfefferschoten, Peperoncini) beigeben. Das Capsaicin steckt übrigens vor allem im Mark, nicht so sehr in den Samen. Zum Einstieg eignen sich auch Kräutersalzmischungen mit Chili.

Zur Dosierung kann man keine generellen Aussagen machen. Superfoods sind keine Arzneimittel. Hören Sie auf den eigenen Körper, beobachten Sie seine Reaktionen und sammeln Sie Erfahrungen. Es genügen kleine Mengen Chili. Die erwähnte italienische Studie erzielte bemerkenswerte Resultate mit lediglich vier Chili-Mahlzeiten pro Woche.

An scharfe Suppen, Saucen und Beilagen kann man sich gewöhnen. Andernfalls weichen Sie auf Capsaicin-Kapseln aus. Sie setzen ihre Schärfe erst im Magen frei. Doch nehmen Sie auch Nahrungsergänzungen nur zu Mahlzeiten ein und halten Sie sich an die Dosierungsanweisung.

Substanz P und Glückshormone

Essen wir Chili, dockt das Capsaicin schon in der Mundschleimhaut an spezielle Rezeptoren an. Dieses Andocken führt zu einer sofortigen Ausschüttung von Substanz P ins Gewebe. Die Substanz P ist ein Neurotransmitter; das sind Botenstoffe, die eine Information von Nervenzelle zu Nervenzelle übermitteln. Im Falle der Substanz P ist es ein Schmerzsignal. Wir empfinden ein scharfes Brennen und ein Hitzegefühl.13

Wie kommt es dann zum gegenteiligen (antinozizeptiven) Effekt der Schmerzunterdrückung? Zum einen entleeren sich die Substanz-P-Speicher so schnell, dass es kurzzeitig an Botenstoffen zur weiteren Schmerzübermittlung fehlt. So erklärt man sich das Phänomen der zeitlich begrenzten Schmerzbetäubung.14 Zum andern reagiert der Körper auf die Reize von Hitze und Brennen mit mehr Durchblutung und der Ausschüttung von Endorphinen. Diese Hormone unterdrücken Schmerzen und lösen ein Glücksgefühl aus. Bei Chili nennt man es das «Pepper-High».15

Review: Sybille Binder, dipl. Ernährungsberaterin FH, Institut für integrative Naturheilkunde Nhk

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Anmerkungen

  1. Liu X, Machado GC, Eyles JP, et al. Dietary supplements for treating osteoarthritis: a systematic review and meta-analysis. British Journal of Sports Medicine 2018;52:167-175.
  2. PharmaWiki: Capsaicin. Abrufbar unter: https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=capsaicin. Letztmals eingesehen am 23.03.2020.
  3. Spektrum.de: Antinozizeptives System. Abrufbar unter: https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/antinozizeptives-system/736. Letztmals eingesehen am 11.03.2020.
  4. Frei P, Schlatter C. Arthrose. PharmActuel. 2018/5.
  5. Worlds of food: Capsaicin beschleunigt die Fettverbrennung. Abrufbar unter: https://www.worldsoffood.de/diaet-und-abnehmen/ratgeber-abnehmen/item/158-capsaicin-beschleunigt-die-fettverbrennung.html. Letztmals eingesehen am 26.03.2020.
  6. Zentrum der Gesundheit: Chili – gesunde Schärfe. Abrufbar unter: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/chili.html; letztmals eingesehen am 26.03.2020
  7. Medicalpress: Hot pepper compound could help hearts (2012). Abrufbar unter: https://medicalxpress.com/news/2012-03-hot-pepper-compound-hearts.html. Letztmals eingesehen am 26.03.2020.
  8. Bonaccio M, Di Castelnuovo A et al. Chili Pepper Consumption and Mortality in Italian Adults. J Am Coll Cardiol. 2019 Dec, 74 (25) 3139-3149. – Englische Zusammenfassung hier lesen.
  9. Top-Gesundheitstipps: Capsaicin – das scharfe Schmerzmittel. Abrufbar unter: https://www.top-gesundheitstipps.de/thema/capsaicin.html. Zuletzt eingesehen am 26.0.3.2020.
  10. Zentrum der Gesundheit: PPI – Der Teufelskreis der Säureblocker. Abrufbar unter: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/saeureblocker-ia.html. Letztmals eingesehen am 23.03.2020.
  11. PharmaWiki: Magenschutz. Abrufbar unter: https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Magenschutz. Letztmals eingesehen am 26.03.2020.
  12. Zentrum der Gesundheit: Alternativen für Säureblocker. Abrufbar unter: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/alternativen-fuer-saeureblocker-810712.html. Letztmals eingesehen am 06.04.2020.
  13. Doktorweigel.de: Capsaicin und der Neurotransmitter Substanz P. Abrufbar unter: https://www.doktorweigl.de/gesundheit/capsaicin-und-der-neurotransmitter-substanz-p-2174/. Letztmals eingesehen am 26.03.2020.
  14. Ayurveda-Journal: Chili im Ayurveda – der beliebte Scharfmacher. Abrufbar unter: https://www.ayurveda-journal.de/beliebter-scharfmacher/. Letztmals eingesehen am 06.04.2020.
  15. Wikipedia: Capsaicin. Abrufbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Capsaicin. Letztmals eingesehen am 26.03.2020.

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